Reisebericht 2014

Woche 1 | Münster, Berlin, Hamburg, Hannover

Nachdem wir uns am Vorabend schon in Münster eingefunden hatten, begann pünktlich am Montagmorgen die erste Woche unseres Fellowships. Die erste Station führte in die Raphaelsklinik Münster GmbH, wo Prof. Dr. Jörn Steinbeck uns herzlich begrüßte. Nach einer kurzen Besprechung des interessanten OP-Programmes erfolgte sogleich die Einladung, sich einzuwaschen und an den Tisch zu treten. Beeindruckend war das operative Geschick, welches Prof. Steinbeck nicht nur bei der Versorgung komplexer Rotatorenmanschettenläsionen, sondern auch in der (Revisions-)Endoprothetik demonstrierte. Logistisch optimal organisiert gelang der Wechsel zwischen zwei OP-Sälen spielend und so war der erste OP-Tag schneller vorbei als uns lieb war. Zum Abschluss dieses bereits sehr lehrreichen Tages lud uns Prof. Steinbeck zunächst noch zu einer kurzen Besichtigung seiner Praxisräume ein, bevor wir mit Kollegen vom Universitätsklinikum Münster bei sehr gutem italienischem Essen den Abend ausklingen lassen durften.

Noch in der Nacht fuhren wir von Münster in die Hauptstadt, wo wir in den frühen Morgenstunden ankamen. Dort nahm uns Prof. Dr. Markus Scheibel in Empfang. Auch er hatte für ein abwechslungsreiches und spannendes OP-Programm (ACG-Sprengung, Hemi-Prothese, Latarjet) gesorgt und beeindruckte mit enormem operativen Geschick und Wissen. Die anhaltenden Gespräche über Vorgehen, Technik und Nachbehandlung begleiteten nicht nur die OP-Zeit und -pausen, sondern wurden im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums fortgesetzt, bevor der Abend bei einem zünftigen Mahl im „Paulaner im Spreebogen“ ausklang. Am Folgetag wurden wir im Anschluss an das vormittägliche OP-Programm zum F.A.M.E. specialty day "Aktueller Stand und Innovationen in der Behandlung von Ellenbogenpathologien" eingeladen, bei dem wir unser Wissen über Verletzungen und Therapien rund um den Ellenbogen erweitern konnten.

In den frühen Abendstunden setzten wir uns dann Richtung Hamburg in Bewegung, wo PD Dr. Andreas Werner bereits auf uns wartete. In edlem Ambiente wurden wir in Hamburg willkommen geheißen und auf den OP-Tag vorbereitet. Auf dem Programm standen Schulter- und Ellenbogenarthroskopie in der renommierten ENDO-Klinik. Während Dr. Werner, die zum Teil sehr komplizierten Rotatorenmanschettenverletzungen mit großer Behändigkeit versorgte, hatten wir hier den Auftakt zum „Ellenbogen-Teil“ des Fellowships mit einer Ellenbogenarthroskopie zur Entfernung freier Gelenkkörper. Mit didaktischem Geschick zeigte uns Dr. Werner einige Kniffe und Tricks bevor wir – nicht ohne Abschlussvisite und Besuch der schicken Argon-Klinik – Hamburg Richtung Hannover verließen.

Hier begrüßten uns am Donnerstagabend die Veranstalter des Hannoveraner Arthroskopie- & Gelenkkurses: Prof. Dr. Philipp Lobenhofer, Prof. Dr. Helmut Lill und PD Dr. Jens Agneskirchner. Gemeinsam mit den übrigen Instruktoren und Referenten konnten wir uns am Vorabend bereits auf einen spannenden Kurs freuen. Mit Prof. Dr. Christian Gerber und Dr. Laurent Lafosse waren hochkarätige Operateure zugegen und der gut besuchte sehr praxisorientierte Kurs war geprägt von einem äußerst lehrreichen Angebot und großer interaktiver Kommunikation. Am Samstagnachmittag endete somit unsere erste Woche und wir setzten uns Richtung Gießen in Bewegung, wo ein Zwischenstopp eingelegt wurde, bevor es zum Auftakt der süddeutschen Woche nach Bad Neustadt gehen sollte.

Woche 2 | Bad Neustadt, München, Agatharied

In Würzburg empfing uns am Sonntagabend Prof. Dr. Frank Gohlke und PD Dr. Dirk Böhm in einem traditionsreichen Restaurant direkt am Main, wo wir uns über die verschiedenen Charaktere von Orthopäden und Unfallchirurgen austauschten. Am Abend ging es nach Bad Neustadt wo wir in einem „standesgemäßen“ Schlosshotel nächtigten. Beeindruckend war die Fürsorge von Prof. Gohlke, der uns zu später Stunde bis zum Hotel begleitete. Am Morgen nahmen wir an der Chefvisite teil und sahen zahlreiche hochkomplexe, meist Revisionsfälle aus der Schulter- und auch Ellenbogenprothetik. Highlight im OP war neben zügig implantierten „Standard“-Schulterprothesen ein kompletter Oberarmersatz bei Z.n. einer infizierten Ellenbogenprothese, wo in einer mehrstündigen Operation ein allogener Humerus und ein Spacer implantiert wurde. Vor Abschluss dieser OP mussten wir uns gen München verabschieden, wo wir gegen Mitternacht ankamen. Morgens um sieben waren wir dann zu Gast im Team von Prof. Dr. Andreas Imhoff in der Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie der TU München. Hier konnten wir mit PD Dr. Andreas Lenich eine eindrucksvolle arthroskopisch-unterstützte Radiuskopfosteosynthese verfolgen. Prof. Imhoff zeigte uns das berühmte 5:30 Uhr Portal bei der Schulterstabilisierung in beach-chair-Position und seine spezielle Technik der Bizepstenodese. Besondere Vorbereitungen wurden getroffen, da der Kaiser Malaysias am nächsten Tag zur Behandlung kam. Am Abend waren wir in einem edlen Restaurant neben der Münchner Staatsoper, wo uns Prof. Ernst Wiedemann und das Team um Prof. Peter Habermeyer von der ATOS Klinik München großzügig empfingen. Am nächsten Morgen ging es in die Orthopädische Chirurgie München (OCM) mit angeschlossener SANA Klinik. Hier konnten wir die Souveränität und Geschicklichkeit eines Pioniers der Schulterchirurgie in Deutschland sowohl bei arhroskopischen Manschettenrekonstruktionen als auch bei der primären Schulterprothetik bewundern. Langsam kribbelte es in den Händen und man wünschte sich zurück in den eigenen OP, um das gelernte gleich „auszuprobieren“.

Am Abend hatten wir zum ersten Mal auf diesem Fellowship zwischen den OPs und dem Abendessen fast zwei Stunden Zeit zum Shoppen und Sightseeing. Am nächsten Morgen ging es wieder gegen 7 Uhr in die ATOS Klinik München, wo uns PD Dr. Mark Tauber mit einem speziellen Bonbon empfing. Ein Heilpraktiker wollte bei einem von ihm zugewiesenen und behandelten Patienten mit Rotatorenmanschettenruptur in Narkose den Deltaansatz des Patienten mit Akupunkturnadeln needlen, auf dass er einen beschleunigten postoperativen Verlauf habe. Den Erfolg dieser Maßnahme konnten wir im Rahmen des Fellowships nicht mehr evaluieren. Eindrucksvoll war das verfolgen der Operationen in zwei benachbarten Sälen mit PD Dr. Tauber und Prof. Habermeyer. Das Assistieren am OP-Tisch beim Entwickler der Humeruskopfprothese war sicherlich für uns beide ein sehr beeindruckendes und lehrreiches Ereignis. Auch die vorbildlichen Verhaltensweisen aller besuchten Operateure in ihrem Umfeld hat bei uns einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Am Abend ging es nach Agatharied wo wir am nächsten Morgen Prof. Dr. Ulrich Brunner, den aktuellen DVSE-Präsidenten besuchen durften. Er zeigte uns nach dem Besuch der Frühbesprechung mit seinem Team u.a. als Premiere die Implantation einer Pyrocarbonkopfprothese an der Schulter bei einem jüngeren Patienten mit fortgeschrittener Omarthrose, die er sehr sorgfältig und zügig durchführte. Auch er kümmerte sich fast väterlich um uns und verabschiedete uns nach dem Mittagessen wieder zurück nach München, wo wir noch die Gelegenheit bekamen am ATOS-Ellenbogenkurs kostenfrei teilzunehmen. Dieser mit herausragenden Referenten aus ganz Deutschland sehr gut organisierte und besuchte Kurs endete am Samstag im Kadaver Lab, wo wir uns mit allem Gelernten der letzten beiden Wochen „austoben“ konnten. Im Anschluss konnten wir es kaum erwarten, mit Vollgas zu unseren Familien zurückzukommen. Unsere Wege trennten sich am Flughafen Frankfurt, von wo aus Klemens Horst nach Aachen und Bilal El-Zayat nach Marburg zurückfuhren.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei den Organisatoren, Sponsoren und Gastgebern dieses hervorragenden Fellowships bedanken. Wir hoffen, dass noch viele Kollegen in den Genuss kommen, im Rahmen dieses Fellowships den erfahrenen Operateuren über „die Schulter“ schauen zu dürfen, um ihren eigenen Erfahrungshorizont zu erweitern. Mögen alle Gastgeber ihr Engagement und ihre Herzlichkeit beibehalten.


Klemens Horst und Bilal Farouk El-Zayat

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